Revenue Management wird immer komplexer – gerade in diesen Zeiten! Die Nachfrage im Markt und im Hotel ist schwankend, mal extrem hoch, mal verdammt niedrig. Auch deswegen bietet das  „Total Revenue Management“ einen möglichen Ansatz und neue Chancen. Es lenkt den Blick neben der Logis auch auf umsatzrelevante Nebenbereiche im Hotel wie z.B. SPA/Wellness Abteilungen oder der Veranstaltungsbereich (MICE)!

Mit Total Revenue Management raus aus dem Dilemma

Die Logis ist und bleibt der Hotelbereich mit der höchsten Rendite. Daher ist hier Agieren bzw. das Justieren der Stellschrauben am effektivsten. Aber Vorsicht in Krisenzeiten! Extreme, aus der Not geborene schnelllebige Entscheidungen, sind nicht immer bis zu Ende gedacht. Sich mit seinen Preisen vorrangig am Markt zu orientieren, scheint zunächst einfach. Klar, Angebot und Nachfrage – das war „schon immer“ so. Schauen, was der Nachbar macht! Simpel, aber leider zutiefst anachronistisch und gefährlich.

In der Pandemie hat sich aus der Not heraus vieles zurückentwickelt, das bereits gut eingeführt war. Wenn keine Nachfrage da ist, ist die Verzweiflung groß, das ist nachvollziehbar. Jedoch, die Erfolgsaspekte: langfristige Vision, mittelfristige Strategien, kurzfristiges Handeln werden dann oft nicht mehr konsequent gelebt.
Die Methode vieler Hotels ist es dann, nur nach dem „verrückt“ gewordenen Markt und nach Mitbewerbern zu schauen, die eine eigene Positionierung nie für sich erarbeitet haben. Wie kann man der Lage besser Herr werden und auf sichere Art und Weise dem Markt „die Zähne zeigen“? Wie bekommt man die ideale Mischung aus Preis und Leistung hin? Die Antwort liegt unter anderem im Total Revenue Management!

Die Kernfrage ist:

Haben Hotels, die aus sich heraus eine starke Marke geworden sind, eine solche Art der Preisfindung nötig? Ganz sicher nicht. Hotels mit einer eindeutigen Marktpositionierung sind meistens langfristig erfolgreich und erfreuen sich eines Rufs, der oft über Generationen vererbt wird.
Diese Art Hotels haben viel Arbeit und Mühe in die folgenden Grundwerte und in ihre Kommunikation gesteckt:

  • sie haben gründlich ihre Hausaufgaben gemacht und Stärken und USPs herausgearbeitet.
  • sie sind spitz im Markt positioniert mit klaren Leistungsmerkmalen, so, dass sie ihren „Preis- und Leistungswert“ nicht mehr an anderen messen müssen. Sie verkaufen sich nicht unter Wert – nur weil der Nachbar es tut.
  • sie werden von ihren Gästen geschätzt, weil sie den direkten Weg zu ihnen längst gefunden und etabliert haben. Über erfolgreiche Gästebindungsaktionen wurden diese Beziehungen ausgebaut. Und so haben sie ihr Stammgast-Potenzial immer weiter gefestigt.
  • sie betrachten ihren Erfolg als Gesamtkonzept. Die Disziplin des „Total Revenue Management“ haben sie im Blut ohne darüber zu sprechen, in allen Hotelbereichen, nicht nur in der Logis. Erlöse sehen sie in ihrer Gesamtheit, da die einzelnen Nebenbereiche meistens keine eigenen Profit Center sind. Preise im SPA/Wellness Bereich werden seit jüngster Zeit auch nach Nachfrage gesteuert, auch wenn das bei den meisten noch ein manueller Prozess ist. Dasselbe passiert im Veranstaltungsbereich (MICE) oder im Restaurant.
  • zugegeben, diese Hotels sind meistens im Feriensegment zuhause, wo eine wertschätzende Stammgastbindung das Geheimnis ist. Sie hegen und pflegen ihre Gäste und sie leben Empfehlungsmarketing. Kontakt mit den Gästen haben sie kontinuierlich über Soziale Netzwerke und andere Kommunikationswege. Mit der Einführung von Revenue Management und der nachfrageorientierten, dynamischen Preisfindung, haben sie auch gelernt selbstbewusst mit ihrer noch jungen Preisstrategie umzugehen. Beispiele gibt es etliche.

Der nächste Schritt für solche Betriebe ist dann die Disziplin des „Total Revenue Management“ als Steuerungsinstrument und Gesamtkonzept zu perfektionieren. Jeder Bereich wird strukturiert, die Messung der Nachfrage wird neu gelernt und Schritt für Schritt eingeführt und gelebt. Unsere Erfahrung: Die Branche hat sich nach vielen Jahren endlich den Themenbereichen Total Revenue Management für Logis, MICE, SPA und Ferienhotels zugewandt. Viele Hotels haben verstanden, das alles, was begrenzte Kapazitäten hat, Ansätze bietet, Umsatzpotentiale systematisch zu erschließen und mit der Steuerung der Nachfrage zu beginnen. Sowohl bei Tagungen, Spa-Therapien und im Logis Bereich der Resort Hotellerie. Nicht erkanntes Umsatzpotential schlummert in jedem Betrieb, in allen Abteilungen und „Produkten“.

Sie lernen gerade, dass Revenue Management mehr ist als Preise, Kapazitäten, Forecasts, Mitbewerber und Statistiken. Es ist neben Strategien, Software und Technik vor allem eine Philosophie zur profitablen Unternehmensführung. Zum Wohl des Betriebs, seines Teams und seines Umfelds – ganz besonders jedoch zum Wohl von Kunden und Gästen.

Wichtig sind daher die ehrliche Kommunikation und transparente Angebotsdarstellung auf allen medialen Kanälen. Gäste sind besser informiert als je zuvor, und nur mit zufriedenen Gästen ist effektives und erfolgreiches Revenue Management möglich.

Tücken in der Interpretation des Revenue Management

Wir wagen einen Schritt zurück. Sicher ist der erzielte Durchschnittszimmerpreis enorm wichtig, denn der Ertrag steigt mit jedem erzielten Euro Durchschnittspreis. Ganzheitlich betrachtet macht dieser Anteil, je nach Hotel Typ, zwischen 50-60 % des Gesamtumsatzes aus. Aber was nützt es dem Hotelier, wenn durch zu hohe Preise keine Belegung ins Haus kommt, seine Neben Outlets nicht laufen, kein Leben in der Hütte ist und Pools, Golfplätze, Restaurants und Wellnesskabinen nicht belegt sind, und letztlich zu wenig Zusatz-Umsätze fließen.

Eine mögliche Lösung für Hotels mit vielen Nebenoutlets: Gezielt auf einen realistischen Teil des Preises verzichten und eine gesunde Mischung aus allen Revenue-Sources gleichzeitig abschöpfen. Und das nach Marktsegmenten und Nachfrage gesteuert. Außerdem immer orientiert am Servicelevel, den Sie erbringen wollen und müssen. Bei dynamischen Preissystemen kann die gesunde Mischung aus Normalpreisen, Höchstpreisen und Sonderpreisen mit starken Aufenthalts- und Buchungsbedingungen flexibel gelebt werden. Das ganze immer entsprechend dem eigenen Leistungsniveau, der eigenen Marktpositionierung und der zuvor erstellten Kostenanalysen.

Ohne Mitarbeiter*innen und einem starken Team geht gar nichts – gerade im Total Revenue Management!

Ganz schön umfangreich, insbesondere wenn alle Mitarbeiter*innen im Betrieb über dieses Wissen verfügen sollen. Denn wenn Gäste sich mit Verständnisfragen an das Personal wenden, dann ist sowohl fachliche als auch persönliche Kompetenz gefragt. Und das muss geschult werden.

Es reicht also bei weitem nicht aus, eine Software zu installieren, die Nachfrage- und Preisprognosen aus dem Markt vorschlägt. Sie hilft zwar bei der Einschätzung des Marktes und der Mitbewerber, aber einer Software obliegt nun mal nicht die strategische Entscheidung darüber, welche Gäste man wann im Haus haben möchte und wie das Produkt vom Gast/Markt angenommen wird. Software weiß auch nicht, wie letztlich die Gesamt-Preiskalkulation zustande kommt und wie das Personal mit eventuellen Einwänden der Gäste umzugehen hat.

Gelebtes „Total Revenue Management“ ist erfahrungsgemäß ein Change-Management Prozess, dem monetäre und zeitliche Investitionen zugrunde liegen. Ganz besonders in Ferienhotels, die Großteils immer noch in der Welt der Pro Person Preise und der festen Saisons leben.

Just als die Krise 2020 begann, kam unser Buch zum Thema „Total Revenue Management in LOGIS, RESORT, SPA, MICE“ heraus.

Bianca Spalteholz & Barbara Goerlich